Bayerische Geschichte(n) 21/2011: Pasing – Vom Bauerndorf zum Ausflugsziel

Der Pasinger Bahnhof samt Gleiskörper von Norden gesehen, Aufnahme vor 1908 (Bilder: Stadtarchiv München).

Liebe Leserin, lieber Leser,
das Leben der Pasinger Bevölkerung sollte sich im 19. Jahrhundert grundlegend verändern. Der Startschuss für den Aufstieg des kleinen Vororts im Münchner Westen fiel – wie so oft in diesem Jahrhundert – mit der Anbindung an das Eisenbahnnetz: Im Jahr 1840 wurde Pasing eine Haltestation auf der so wichtigen Verbindung München – Augsburg. In der Folge siedelten sich nicht nur Industrieunternehmen an, auch das Münchner Publikum entdeckte das Dorf als beliebtes Ausflugsziel und idyllischen Wohnort für sich.

Ansichtskarte von Pasing (vor 1900) mit den damals markantesten baulichen Situationen des Ortes, darunter das "Institut der Englischen Fräulein", der Bahnhof und die Restauration "Storchenburg".

Eine Attraktion waren die bequemen Badeeinrichtungen, die man entlang der Würm errichtet hatte. Während diese von den Münchner Ausflüglern begeistert aufgenommen wurden, stand die überwiegend bäuerliche Bevölkerung Pasings dem sommerlichen Baden im Fluss eher skeptisch gegenüber. „Die größte Mehrzahl der Bewohner unseres Bezirks ist außer dem Säuglingsalter in kein Bad gekommen und eine große Zahl derselben hat sich in ihrem Leben außer dem Gesicht, Händen und Füßen keinen Theil ihres Leibes gewaschen“, resümiert 1861 der Landgerichtsarzt Kranz.

Spaziergang der Institutszöglinge im großen Gartenareal des "Instituts der Englischen Fräulein", um 1925.

Mit den Gästen aus der Stadt wuchs die Notwendigkeit diese auch angemessen zu verköstigen: Gast- und Wirtshäuser schossen wie Pilze aus den Boden, so der „Schützengarten“, der „Schweizerhof“ oder der „Landsberger Hof“. Auch die 1855 errichtete Badeanstalt „Steiner-Bad“ verfügte über ein eigenes Restaurant sowie über eine Kegelbahn. Schon 1864 wurde Pasing in einem Reiseführer als ein Ort mit „lebhafter Frequenz“ empfohlen.

Die Villa Heidenaab in einer der Villenkolonien von August Exter. Das stilvolle Gebäude wurde in den 1960er Jahren abgerissen, Aufnahme 1910.

Pasing erfreute sich aber nicht nur als Ausflugsziel großer Beliebtheit. Seit den 1890er Jahren entstanden unter Regie des Architekten August Exter zwei Villenkolonien, die vor allem die vermögenden Münchner anzogen. Ein zusätzlicher Pluspunkt für viele Umzugswillige waren neben der guten Verkehrsanbindung die vorhandene Bildungseinrichtung für höhere Töchter: Das „Institut der Englischen Fräulein“ garantierte den gutsituierten Neu-Pasingern eine standesgemäße Erziehung.

Der Aufstieg Pasings vom kleinen Dorf zu einer selbstständigen Stadt und schließlich die erzwungene Eingemeindung unter der Herrschaft der Nationalsozialisten schildert der ehemalige Stadtarchivdirektor Dr. Richard Bauer anhand umfangreichen Bildmaterials in seinem Buch „Pasing – Zeitreise ins alte München“.