Bayerische Geschichte(n) 18/2011: Der Adler und die Möwe

Im Casino auf der Roseninsel hinterließen Sisi und Ludwig gern Briefe füreinander.

Liebe Leserin, lieber Leser,

mit einem Glockenzeichen, das sie quer über den Starnberger See ertönen ließen, teilten sie einander mit, dass sich einer von beiden auf der Roseninsel aufhielt. Ludwig II. von Bayern und Kaiserin Elisabeth von Österreich trafen einander oft dort, weshalb man bald eine heimliche Affäre zwischen dem bayerischen Monarchen und Sisi vermutete.

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Zwar sind ihre Begegnungen historisch belegt, doch existiert davon keine Fotografie. Dennoch beschäftigte sich schon seit dem 19. Jahrhundert die Phantasie der Bevölkerung mit den beiden gekrönten Häuptern - wie die historische Postkarte oben zeigt.

Doch sie pflegten eine innige Freundschaft, die man in gegenseitigen Briefen und kleinen Gedichten bestätigt sehen kann. In Gedanken an seine „Seelenverwandte“ nannte Ludwig sie nach ihrer Kur in Holland eine „Möwe am Dünenstrand“ und sie ihn einen „Adler, dort hoch auf den Bergen“. Natürlich war ihre Freundschaft rein platonisch und vor allem für Ludwig etwas ganz besonderes. Nur mit Sisi konnte er sich einer Welt entziehen, die die beiden nicht verstand: „Wir leben beide inmitten einer Umgebung, die uns nicht begreift und falsch beurteilt. Wir leben wie auf einer Oase im Sandmeer der Wüste.“

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Eine innige Freundschaft und Vertrautheit pflegte Ludwig II. zum Bereiter des Marstalls, Richard Hornig.

Als Rückzugsorte dienten ihm die kleinen Orte rund um den Starnberger See. In Schloss Berg verbrachte er die Sommermonate. Auf der Roseninsel genoss er die Ruhe und die Zusammenkünfte mit Sisi, der Zarin Maria Alexandrowna oder Richard Wagner. Seinem Stallmeister und engsten Vertrauten Richard Hornig schenkte er ein Landgut in Allmannshausen.

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Neben dem Gedenkkreuz König Ludwigs am Starnberger See die drei "Protagonisten" von "Ertrinken ... versinken": Autorin Katja Sebald (rechts), Josef Brustmann (Mitte), der die Musikstücke beisteuerte, und Schauspielerin Carin C. Tietze, die gewohnt gekonnt die Texte las.

Sisi und Ludwig versanken gern in ihre eigene Welt. Und Ludwig war sich wohl dessen bewusst, als er in einem Brief an Richard Wagner die Isolde aus dessen Oper zitiert: „Einziger, Heiliger, wie wonnevoll, vollkommen, so angegriffen von Entzücken … ertrinken … versinken … unbewusst … höchste Lust … göttliches Werk … ewig treu, bis über den Tod hinaus.“

Zwei der Gedichte, die sich Ludwig und Sisi schrieben, lassen sich nun auch nachhören; der Musiker und Kabarettist Josef Brustmann („Bairisch Diatonischer Jodelwahnsinn“, „Monaco Bagage“) hat sich des Themas angenommen und zehn Musikstücke zu Ludwig II. und dem Starnberger See versammelt. Außerdem im neuen Hörbuch „Ertrinken … versinken“: Katja Sebald enthüllt nicht nur romantische, sondern auch skurrile historische Episoden rund um Ludwig II. und den Starnberger See.