Bayerische Geschichte(n), 6/2019: Eine Schrift erobert die Welt

Meisterschule für Deutschlands Buchdrucker in der Pranckhstraße in München, Setzerei, um 1939 (Foto: Paul Renner Archiv München, Horst Moser)

Liebe Leserinnen und Leser,

am 21. Juli 1969 landete die Apollo-11-Misson der NASA auf dem Mond. Zwei Plaketten befinden sich noch heute an dieser Stelle und erinnern an dieses epochale Ereignis der Menschheitsgeschichte: „HERE MEN FROM THE PLANET EARTH FIRST SET FOOT UPON THE MOON […] WE CAME IN PEACE FOR ALL MANKIND“. Die Schrift, die diese bedeutende Botschaft verkündet, ist die Futura, eine der populärsten und „modernsten“ Schriften des 20. Jahrhunderts. Sie prägte nicht nur Printmedien, sondern auch die Werbeauftritte großer Marken. Entwickelt wurde sie in München vom Maler und Typografen Paul Renner, der 1928, im Jahr ihrer Erscheinens, Direktor der dortigen Meisterschule für Buchdrucker in der Pranckhstraße war, einer Einrichtung, die unter seiner Leitung Weltruf erlangte.

Paul Renner vor seiner Staffelei, um 1936 in Berlin (Foto: Sammlung Andrea Haushofer Schröder)

Zwar kam Paul Renner am 9. August 1878 in Wernigerode, Sachsen-Anhalt, zur Welt, doch verbrachte er einen großen Teil seines Lebens in der bayerischen Landeshauptstadt, wo er bereits Ende der 1890er Jahre an der Akademie der Bildenden Künste zum Maler ausgebildet wurde. Hier lernte Renner einen breit gefassten Kunstbegriff kennen und war bald auch im Bereich der angewandten Kunst tätig – so steuerte er zum Beispiel Illustrationen für die zu dieser Zeit maßgeblichen Zeitschriften „Simplicissimus“ und „Jugend“ bei. 1907 begann er für den Münchner Georg Müller Verlag Bucheinbände zu entwerfen und übernahm schließlich auch die typografische Gestaltung der Bücher.

Werbeplakat der Bauerschen Gießerei für die Futura (Foto: Bayerische Staatsbibliothek München/BSB Ana 814 A.)

In den 1920er Jahren suchten Vertreter der Moderne verstärkt nach neuen Schriftarten, die den Geist und den Wandel dieser Zeit widerspiegeln sollten. Eine dieser neuen Schriften war die Futura (lat. „die Zukünftige“), die einen bis heute währenden Siegeszug antrat. Paul Renner orientierte sich bei ihrer Entwicklung stark an antiken Inschriften und konstruierte so eine Schrift, die durch ihr klares und regelmäßiges Erscheinungsbild hervortrat. Auch wenn sich Renner ursprünglich vor allem als Maler verstand, waren es insbesondere seine typografischen Arbeiten, die ihm Anerkennung verschafften. 2018 erinnerte die Stadt München mit der Neubenennung einer Straße an den Künstler: Seitdem verläuft der Paul-Renner-Weg von der Otl-Aicher-Straße nach Osten bis zur Haltestelle „Domagkstraße“ der Tramlinie 23.

Die Futura ist eine der populärsten Schriften des 20. Jahrhunderts. Sie stand für Zukunft und Modernität. Die Biografie ihres Schöpfers, des Künstlers Paul Renner, ist eng mit der Geschichte Münchens verbunden: In den 1920er Jahren trat er unter anderem mit Thomas Mann in der Öffentlichkeit dem aufkeimenden Nationalsozialismus entgegen. Die Autorinnen und Autoren beleuchten anhand einzelner Stationen Leben und Wirken Paul Renners in München. Zahlreiche Abbildungen gewähren nicht nur einen Einblick in sein Werk als Typograf und Buchgestalter, sondern auch in sein bislang vernachlässigtes Schaffen als Maler.