Bayerische Geschichte(n), 22/2015: From Landsberg with Love

Johnny Cash (links) und Bernard Simmons vor den Arkaden des „Klosterhofs“ im Fliegerhorst Penzing. (Foto: William Harrell)
Johnny Cash (links) und Bernard Simmons vor den Arkaden des „Klosterhofs“ im Fliegerhorst Penzing. (Foto: William Harrell)

Liebe Leserin, lieber Leser,

für die „German Fräuleins“ soll sich der Airman Johnny Cash, der von 1951 bis 1954 in Landsberg am Lech stationiert war, gar nicht interessiert haben. Beinahe täglich schrieb er einen langen Brief an seine Verlobte Vivian Liberto, die in Texas drei lange Jahre auf ihn wartete. Nichts fürchtete er mehr, als den legendären „Dear John Letter“ zu bekommen, mit dem Amerikanerinnen Beziehungen zu den in Europa stationierten Soldaten beendeten. In einen Baum auf dem Fliegerhorst in Penzing ritzte er „Johnny loves Vivian“. Heiße Liebes- und Treueschwüre, ein veritabler schriftlicher Heiratsantrag und die Drohung, er würde sich von der Zugspitze stürzen, sollte sie ihn jemals verlassen, finden sich in seinen Briefen – aber auch der zärtliche Kosename „Snookie Pootsie“, den der brave Soldat für seine Angebetete in der Ferne „erfunden“ hatte.

Johnny Cash (ganz links mit Geige) beim Musizieren in einem bayerischen Gasthaus – hier noch ohne eigene Gitarre. (Foto: Robert Mehaffey)
Johnny Cash (ganz links mit Geige) beim Musizieren in einem bayerischen Gasthaus – hier noch ohne eigene Gitarre. (Foto: Robert Mehaffey)

Johnny Cash hörte in Landsberg den sowjetischen Funkverkehr ab, er schenkte den Kindern auf der Straße Kaugummi und er sang in bayerischen Wirtschaften. Im Sommer segelte er auf dem Ammersee, im Herbst machte er einen Ausflug aufs Oktoberfest und im Winter lernte er in Garmisch Skifahren. Auf der Suche nach dem perfekten Verlobungsring durchstreifte er die Landsberger Geschäfte, schließlich fuhr er nach München und ließ ihn bei einem Münchner Juwelier nach einer Zeichnung anfertigen. Aber auch in Landsberg fand er etwas Kostbares: „Ich kaufte mir meine erste Gitarre für zwanzig Mark, damals etwa fünf Dollar, und trug sie durch den kalten deutschen Winter zum Stützpunkt zurück.“ Diesen Fußmarsch im Winter 1952 werde er niemals vergessen, schrieb er in seiner Autobiografie: „Sechseinhalb Kilometer durch knietiefen Schnee.“

Der gar nicht brave Johnny Cash am Schwimmbad im Fliegerhorst Penzing. (Foto: William Harrell)
Der gar nicht brave Johnny Cash am Schwimmbad im Fliegerhorst Penzing. (Foto: William Harrell)

Auch den Weg von der Landsberger Innenstadt zur Kaserne legte der junge Soldat Johnny Cash des Öfteren zu Fuß zurück – dann aber stolpernd und im betrunkenen Zustand. Ganz so brav, wie man meinen möchte, war er also während seiner Zeit in Deutschland nicht. In einem Landsberger Gasthaus geriet er eines Abends „nach mehreren Liedern“ – oder müsste es „Litern“ heißen? – in eine Schlägerei, bei der er seinem Gegenüber die Vorderzähne ausschlug. Nach seinen Alkoholexzessen gelobte Cash stets Besserung – aber die Verlockungen waren zu groß. In München wurde er einmal von der Militärpolizei verhaftet, nachdem er auf ein Straßenmädchen eingeschlagen hatte, das ihn „belästigte“. Viel Deutsch soll Johnny Cash in Deutschland nicht gelernt haben, aber irgendjemand muss ihm ja wohl das Wort „Schnuckiputzi“ beigebracht haben. 1994 antwortete er rückblickend in einem Interview auf die Frage nach den „German Fräuleins“ lächelnd: „I met a few, yeah.“

Das Buch „Don’t Take Your Guns To Town“, das zeitgleich zur Ausstellung im Neuen Stadtmuseum Landsberg erscheint,  thematisiert die amerikanische Truppenpräsenz und Johnny Cashs Stationierungszeit von 1951 bis 1954 in Landsberg und zeigt zahlreiche bislang unveröffentlichte Fotografien Johnny Cashs aus Privatbesitz.

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