Bayerische Geschichte(n), 10/2016: Neue Nachbarn für die Münchner

Die „Orientalische Sammlung“ von Herzog Max in Bayern in Schloss Banz.
Die „Orientalische Sammlung“ von Herzog Max in Bayern in Schloss Banz.

Liebe Leserin, lieber Leser,

ein paar Holzspäne von der Krippe Jesu, ein fast neun Meter langes ausgestopftes Krokodil, ein Päckchen Pinienkerne und sogar eine Mumie brachte Herzog Max in Bayern von seiner Orientreise im Jahr 1838 mit. Nicht nur Abenteuerlust, auch Sammelleidenschaft hatten den Herzog auf der Reise angetrieben, die insgesamt acht Monate gedauert und 100.000 Gulden gekostet hatte. Verhältnismäßig günstig war da der Erwerb einiger recht seltsamer „Reise-Souvenirs“: Ein „wunderschöner kleiner Neger von neun Jahren, so hübsch wie ich in ganz Kairo keinen gesehen habe, Namens Morgan, (…) kostete nach unserem Gelde die geringe Summe von 72 Gulden“, notierte der Herzog in seinem Reisetagebuch.

Den von seinem „Reisemaler“ Heinrich von Mayr dargestellten Bauchtanz in Oberägypten fand der Herzog „schamlos und abstoßend“.
Den von seinem „Reisemaler“ Heinrich von Mayr dargestellten Bauchtanz in Oberägypten fand der Herzog „schamlos und abstoßend“.

Obwohl Herzog Max sich über den Sklavenhandel in Ägypten empörte, wo „Menschen gleich dem Vieh verkauft“ wurden, erwarb er doch auch selbst „mehrere dieser Schwarzen, um sie mit nach Europa zu nehmen“ – und empfand dies keineswegs als verwerflich. Der Herzog habe „die Güte“ gehabt, „vier arme Negerknaben von der Sklaverei zu erlösen und sie der Zivilisation zuzuführen“, so die Einschätzung eines Zeitgenossen. Tatsächlich war es im Europa des 19. Jahrhunderts durchaus üblich, sich einen „Hofmohren“ als exotisches Statussymbol zu halten. Wenn sie nicht den Erwartungen entsprachen, wurden sie einfach weiterverkauft – oft sogar mit erheblichem Gewinn.

Auch Marie Valerie, Enkelin von Herzog Max in Bayern und Tochter von Kaiserin Elisabeth von Österreich, hatte einen „Mohren“ als Spielgefährten.
Auch Marie Valerie, Enkelin von Herzog Max in Bayern und Tochter von Kaiserin Elisabeth von Österreich, hatte einen „Mohren“ als Spielgefährten.

In München allerdings erregten die mitgebrachten vier „Mohrenknaben“ im Alter zwischen 12 und 16 Jahren doch erhebliches Aufsehen. Ihre Taufe am Karsamstag des Jahres 1839 durch Domkapitular Balthasar Speth, die in den Matrikelbüchern des Liebfrauendoms vermerkt wurde, glich einem Volksspektakel. Als Pate fungierte unter anderem der Herzog selbst, der sich allerdings bei der Zeremonie vertreten ließ. Der zwölfjährige Hassan, nun auf den Namen „Maximilian“ getauft, hatte zunächst schreckliche Angst, dass ihn sein neuer Herr schlachten und verspeisen könnte. Als dies nicht geschah, diente er ihm aus Dank viele Jahre lang treu und ergeben – was blieb ihm auch anderes übrig.

Nach seinen erfolgreichen Publikationen rund um den bayerischen König Ludwig II. legt Alfons Schweiggert nun die erste Biografie zu Herzog Max in Bayern, einem der populärsten Wittelsbacher,  vor. „Sisis wilder Vater“ war eine höchst unkonventionelle Erscheinung: In seinem eigenen Zirkus trat er als Dressurreiter auf und am Fuß der Pyramiden als Zitherspieler. Mit der jovialen Darstellung durch Gustav Knuth in den „Sissi“-Filmen der Fünfziger Jahre hatte der echte „Zithermaxl“ allerdings wenig zu tun.