Bayerische Geschichte(n), 12/2016: Dreispitzbadehose und Eis am Stiel

Das Strandbad in Feldafing am Starnberger See aus dem Jahr 1927 (Foto: Katrin Vogt)
Das Strandbad in Feldafing am Starnberger See aus dem Jahr 1927 (Foto: Katrin Vogt)

Liebe Leserin, lieber Leser,

wann genau der Mensch zu schwimmen begonnen hat, darüber gibt es keine gesicherten Erkenntnisse. Im alten Ägypten musste man wohl der höheren Gesellschaftsschicht angehören, wenn man schwimmen lernen wollte. Bei den Griechen hingegen war das Schwimmen genauso wichtig wie das Lesen und Schreiben, auch gehörte es zur militärischen Grundausbildung. Im angsterfüllten Mittelalter fürchtete sich der Mensch auch vor dem Wasser, erst mit der Aufklärung kam das Baden als körperliche Ertüchtigung in der Natur wieder in Mode. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden in den größeren Städten Europas die ersten Freibäder und im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde das öffentliche Baden und Schwimmen das „angesagte“ Freizeitvergnügen schlechthin.

Das Hainbad an der Pegnitz in Bamberg aus dem Jahr 1935 (Foto: BLfD, Eberhard Lantz)
Das Hainbad an der Pegnitz in Bamberg aus dem Jahr 1935
(Foto: BLfD, Eberhard Lantz)

Mit der Senkung der wöchentlichen Arbeitszeiten und dem Anspruch auf Urlaub stand auch der arbeitenden Bevölkerung Zeit zur Verfügung, um dem grauen Alltag zu entfliehen. Lange Zeit bestand jedoch das größte Problem darin, einen „sittsamen“ Zugang zum kühlen Nass zu gewährleisten – vor allem für die weibliche Badegesellschaft. Mittels strenger Verbote des „wilden Badens“ seitens städtischer Behörden wurde das Badeverhalten im Hinblick auf Sittlichkeit und Sicherheit reguliert. Gebadet wurde grundsätzlich unter Einhaltung einer strikten Geschlechtertrennung. Noch in den 1920er Jahren forderten Vertreter der Kirche und der Sittenvereine eine Verschärfung der Kleiderordnung und ein Verbot der sogenannten „Dreispitzbadehose“ für Männer. Auch hätte man es in diesen Kreisen lieber gesehen, wenn Gemeinschaftsbäder verheirateten Paaren vorbehalten gewesen wären.

Der Café-Pavillon im Terrassenschwimmbad in Bad Kissingen aus den fünfziger Jahren. (Foto: BLfD, Eberhard Lantz)
Der Café-Pavillon im Terrassenschwimmbad in Bad Kissingen aus den fünfziger Jahren. (Foto: BLfD, Eberhard Lantz)

Aber der Fortschritt und der „Sittenverfall“ ließen sich nicht aufhalten. Nicht zuletzt mit den lebensreformerischen Bewegungen setzte sich auch ein neues Körperverständnis durch. Während die feine Gesellschaft in mondänen Kurbädern zwischen künstlichen Wellen planschte und sich auf künstlichen Sandstränden aalte, vergnügten sich die einfachen Leute vor allem in abgesteckten Badeplätzen an seichten Flussufern. Das Wasser wurde dort beckenartig erweitert oder über Stege und Sonnenterrassen zugänglich gemacht. In der NS-Zeit wurde das Schwimmen zum „Heranzüchten kerngesunder Körper“ ideologisch aufgeladen, auch wurden nun zahlreiche Badeanstalten als Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen errichtet. In der wunderbaren Wirtschaftswunderzeit aber diente das Baden wie auch das Eis am Stiel im Kiosk wieder ausschließlich dem Vergnügen.

Ungewöhnliche und stimmungsvolle Badeorte entdecken: Eva Maier und Katrin Vogt führen in ihrem Buch „Genuss mit Geschichte – Baden in bayerischen Denkmälern“ zu 34 historischen Bädern in ganz Bayern, die heute noch besucht werden können. Architektonische Schätze stehen neben reinen Zweckbauten wie Brause- und Wannenbädern. Fluss- und Strandbäder, ein Moor-, ein Pfahl- sowie ein Felsenbad gesellen sich zur Olympiaschwimmhalle und reizvolle Volksbäder und Kuranlagen oder höfische Bäder zeigen ihre Pracht gegenüber nicht minder faszinierenden mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Badhäusern.