Bayerische Geschichte(n) 10/2011: Der Karriere-Wendepunkt des James Marshall Hendrix

Am 8.11.1966 wurden andere Saiten aufgezogen – Jimi Hendrix zeigte Schwabing, wo die Musik spielt.

Liebe Leserin, lieber Leser,

das Jahr 1966 näherte sich seinem Ende, und was hatte man nicht an musikalischen Highlights gehabt: Da waren zunächst die „Rolling Stones“, die „härteste Beat-Gruppe der Welt“, wie es hieß, nach München gekommen.

Die musikalische Sensation des Jahres aber waren natürlich die Beatles im Circus Krone gewesen. Brav in fesche Anzüge gekleidet, hatten die vier Knaben von der Insel ihre Lieder zum besten gegeben, während Dutzende Zivilpolizisten (an ihren ordentlich in die Hosen gesteckten, einheitlich weißen Hemden mit hoch gerollten Ärmeln leicht zu erkennen) darüber wachten, dass unter den Jugendlichen nicht die – von Eltern und Obrigkeit befürchtete – Massenhysterie ausbrach.

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Der King hingegen ließ seine Gitarre daheim, wenn er nach München kam. Dem amerikanischen GI war es im biederen Frankfurt, wo er stationiert war, zu langweilig. Dafür musste am freien Wochenende um so ausgiebiger gefeiert werden, wie hier im Nachtclub Moulin Rouge.

Nicht ganz so brav, dafür kaum beachtet, kam am 8.11.1966 ein etwas gammlig wirkender, schmächtiger junger Mann namens Jimmy Hendrix nach München, den Gitarrenkoffer in der Hand. Nachmittags übte Jimmy fleißig mit seiner Band im Schwabinger Szene-Club „Big Apple“, abends spielte er gerade mal vor einer Handvoll Zuschauer, die sich eher zufällig hierher verirrt hatte.

Vier Jahre vor seinem jähen Tod kannte man den Namen Hendrix noch nicht, höchstens in ein paar kleinen amerikanischen Clubs, wo er als Begleitmusiker von Little Richard oder Chubby Checker aufgetreten war.

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Pop Art gehört weitestgehend der Vergangenheit an. Das „Schwabylon“ an der Leopoldstraße jedenfalls, Einkaufs- und Vergnügungszentrum, gibt’s schon lang nicht mehr.

Doch das Talent und die einzigartigen Klänge, die er seiner Gitarre entlockte, sprachen sich in Schwabing schnell herum und am zweiten Tag seines Gastspiels war der Club bereits deutlich voller. Ein paar übermütige Besucher zogen Hendrix gar im Überschwang von der Bühne, um ihn zu feiern.

Nachdem er sich befreien konnte, warf er zuerst seine Gitarre zurück auf die Bühne, ehe er selbst wieder hochkletterte. Doch siehe da – das Instrument war bei dieser Aktion zerbrochen.

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Eigentlich kein Wunder, dass es die Engländer bei einem München-Besuch generell sehr zum Bier hinzieht, wenn man das ganze Jahr über sonst nur Guiness zu trinken bekommt. Da bilden The Who keine Ausnahme und greifen bei einer Brauereibesichtigung beherzt zum Löwenbräu-Bier.

In einem jähen Anfall von Tobsucht packte Hendrix die Gitarre und begann sie wieder und wieder auf den Bühnenboden zu dreschen, verwandelte das Missgeschick spontan in einen Teil seiner Bühnenshow, der von da an fester Bestandteil seiner Konzerte werden sollte. Die Anwesenden tobten und Hendrix hatte sein Markenzeichen gefunden.

Noch heute wertet Hendrix‘ einstiger Manager Chas Chandler den Grenzen sprengenden Impuls des Schwabinger Konzerts als historischen Ausgangs- und Angelpunkt von Hendrix‘ Karriere. Herbert Hauke und Arno Frank Eser präsentieren in ihren „Münchner Rock-G’schichtn“ liebevoll aufbereitete kulturelle Randnotizen aus sechs Dekaden Rock und Pop in der Bayern-Metropole.

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