Bayerische Geschichte(n), 07/2015: Erst die Einkehr, dann das Einkehren

In früheren Jahrhunderten führte ein wichtiger Verkehrsweg von Augsburg nach Italien am Kloster Ettal vorbei, heute ist es eine bei Touristen beliebte Panoramastraße.
In früheren Jahrhunderten führte ein wichtiger Verkehrsweg von Augsburg nach Italien am Kloster Ettal vorbei, heute ist es eine bei Touristen beliebte Panoramastraße.

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Benediktinerabtei Ettal mit der weithin sichtbaren Kuppel liegt nördlich von Garmisch-Partenkirchen und südöstlich von Oberammergau auf etwa 900 Metern Höhe in einem engen Gebirgstal – die mächtige schlossartige Anlage wirkt in dieser Lage beinahe wie ein Fremdkörper. Ludwig der Bayer gründete das Kloster auf dem Rückweg von einem Romfeldzug, auf dem er sich selbst zum Kaiser gekrönt hatte. Der Papst hatte ihn mit dem Kirchenbann belegt, dennoch gründete der Exkommunizierte im Ammertal ein Benediktinerkloster mit angeschlossenem Ritterstift. Die kleine marmorne Muttergottesstatue, die der Kaiser aus Pisa mitgebracht hatte, wird noch heute von den Ettaler Mönchen als „Unsere Liebe Frau Stifterin“ verehrt.

Das Kuppelfresko mit dem Ettaler Heiligenhimmel ist eines der größten Deckengemälde der Barockzeit.
Das Kuppelfresko mit dem Ettaler Heiligenhimmel ist eines der größten Deckengemälde der Barockzeit.

Seine Blüte erlebte das Kloster zur Barockzeit. Die rege Wallfahrt zur Ettaler Madonna machte es möglich, dass ab 1709 und dann das ganze Jahrhundert hindurch Kirche und Konvent erweitert und neu gestaltet wurden – unterbrochen von einem großen Klosterbrand im Jahr 1744. Der erste Architekt dieser barocken Periode war kein Geringerer als Enrico Zuccalli, kurfürstlicher Hofbaumeister in München. Der Wiederaufbau nach dem Brand stand unter Leitung des Wessobrunners Joseph Schmuzer. Die freitragende doppelschalige Kuppel mit 25 Metern Durchmesser war eine bis dahin noch nie dagewesene technische Meisterleistung, die erst Schmuzer vollenden konnte. Das über 1.300 Quadratmeter große Kuppelfresko von Johann Jakob Zeiller gehört zu den Höhepunkten der Deckenmalerei des 18. Jahrhunderts.

Im Jahr 1709 wurde das neue Ettaler Brauereigebäude fertiggestellt. Die Klosterchronik vermerkt, dass man „bei unserem Preihaus den Fürstenbaum unter trompeten und Paukenschall aufgesteckt“ und am 6. November mit dem Brauen begonnen habe.
Im Jahr 1709 wurde das neue Ettaler Brauereigebäude fertiggestellt. Die Klosterchronik vermerkt, dass man „bei unserem Preihaus den Fürstenbaum unter trompeten und Paukenschall aufgesteckt“ und am 6. November mit dem Brauen begonnen habe. (Fotos: Barbara Schwarz)

Das Kloster Ettal gehört zu den Orten in Bayern, an denen Bier und Barock, Braukunst und Baukunst, besonders innig verbunden sind. Es kann auch auf über 400 Jahre ununterbrochene Brauereigeschichte zurückblicken. Ohne die Klöster ist die Entwicklung des abendländischen Bierbrauens nicht vorstellbar, denn hier fand der Übergang vom Hausbrauen zum gewerblichen Brauhandwerk statt: Zuerst brauten die Mönche das kräftigende Bier nur für den Eigenbedarf, später verkauften sie es auch an die Pilger und schließlich an die Tavernen im Umland. Die Ettaler Klosterbrauerei ist heute fest in weltlicher Hand: Braumeister Florian Huber zeichnet für den Ettaler Biergenuss verantwortlich. Mithilfe von moderner Technik und mit allerbesten Zutaten aus der Region, zu denen nicht zuletzt das natriumarme Quellwasser aus den Ammergauer Bergen gehört, wird in den Sommermonaten achtmal in der Woche gesiedet, damit die Touristen aus aller Welt und die Einheimischen in den umliegenden Gasthäusern ihren Durst stillen können.

Die gebürtige Tölzerin Barbara Schwarz, selbst in einer Gastwirtschaft im Schatten einer barocken Kirche aufgewachsen, will mit ihren Landschafts- und Kulturführungen auch anderen Menschen die Augen für die Schönheit und die Besonderheiten ihrer Heimat öffnen. Nun knüpft sie an ihren Erfolgstitel „Der Isarwinkel und Bad Tölz“ an und führt auf neun Touren für Leib und Seele zu traditionsreichen Brauereien, zünftigen Wirtschaften und Perlen der barocken Kirchenkunst.